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hedi
zuber 1916 - 1996
Hedi Zuber
Kommt
die naive Malerin Hedi Zuber nach St.Gallen ins Museum im Lager-
haus, in dessen Sammlung sie recht gewichtig vertreten ist, so macht
sie sich
stracks auf die Suche nach ihren Bildern. Sie glüht vor Begeisterung,
wenn
sie eigene Werke im Sammlungsteil des Ausstellungssaales entdeckt.
Allesamt in der Zwischenzeit "aus den Augen verloren" -
wie sie selbst sagt -
und bei dieser Wiederbegegnung als Schönes, Erstaunliches, Wunderbares
neu gefunden. Ein Schatzgräber kann keine aufregenderen Funde
machen
als Hedi Zuber, die vor jedem ihrer Bilder jubelt: "Auch dieses
ist von mir!",
und es fast nicht fassen kann:
"All
diese Bilder Hab ich gemalt?!"
Im
fortgeschrittenen Alter erst ist Hedi Zuber ins Zeichnen und Malen
einfach
hineingeraten, hat sie sich als eine naive Künstlerin entpuppt,
ohne Schulung
und ohne die geringste Ahnung von Kunst. Mit 75 Jahren ist sie noch
so
begeisterungsfähig wie ein Kind, das den Augenblick prallvoll
erlebt, frisch
und bunt wie die Gemüse auf dem Markt, den sie so gerne malt.
Hedi
Zuber erschaut ihre eigenen Bilder wie zum ersten Mal; sie fährt
mit den
Fingern den Zäunen nach, diesen Grenzen zwischen mir und den
anderen,
die sich - gezeichnet und gemalt - so mühelos übersteigen
lassen. Und sie
ist froh auf ihrem Bild eine Gartenbank zu entdecken: "Da kann
man sich
draufsetzen und ausruhen."
Näherin
von Beruf
Hedi
Zuber hat den nächtlichen Zusatzberuf der Mutter als Hauptberuf
ergriffen.
Wie selbstverständlich ist auch sie Näherin geworden. Mit
acht Jahren
bereits hatte sie jeweils beim "Vorbücken" der Nähte
an den widerspenstigen Übergewändern geholfen, die ihre
Mutter in Heimarbeit anfertigte.
Krankheit,
Einschränkungen und Verzicht hat sie von klein auf erfahren.
Sie
erzählt, wie die Milch mit Wasser "verlängert"
werden musste, damit für
jedes genügend da war. Hedi Zuber wuchs zwischen ihrer um ein
Jahr älteren
Schwester Elisabeth und dem fünf Jahre jüngeren Bruder Alfred
auf. Zwei
Schwestern waren schon ganz jung an Keuchhusten gestorben.
Hedi
hatte die Englische Krankheit; sie blieb kleingewachsen, litt unter
körperlichen und seelischen Schmerzen.
An
ihre Schulzeit in Will, wo sie als Kind wohnte, erinnert sie sich
am liebsten
gar nicht. Ein einziges Jahr bloß soll sie dort in die Volksschule
gegangen
sein. Dann habe ihr der "strenge Herr Lehrer, der den "Stecken"
stets hinter
seinem Rücken bereithielt", die Tür geöffnet:
"Geh, dich kann ich nicht
brauchen. Ich weiß es nicht, was ich mit dir anfangen soll.
"Möglicherweise,
ich wünschte es, sieht der Herr Schulmeister heute aus dem Jenseits
die kräftigen Bilder seiner "unbrauchbaren" kleinen
Schülerin. Wahrscheinlich
ist sie gar die einzige seiner Zöglinge, die Einzug in ein Museum
gehalten hat.
Bessere
Erinnerungen hat Hedi Zuber an Schwester Amata, die ihr noch
ein Jahr lang in einer Spezialklasse etwas Schulwissen beizubringen
versuchte.
Später nahm sich ihr Bruder Alfred ihrer an; bis zu ihrem Tode
kutschierten
die beiden noch ganz gut zusammen, jedes tat, was es konnte.
Im
Alter von 13 Jahren musste Hedis deformiertes Bein in schwierigen
Operationen so gut wie möglich korrigiert werden. Ein ganzes
Jahr verbrachte
das Kind damals (als Thurgauer Bürgerin von Fischingen) im Kantonsspital
Frauenfeld. Um die Langeweile zu vertreiben zu vertreiben, habe sie
"fast ständig" gezeichnet: "Stuben mit Menschen.
Mit Bleistift." Zeichnungen
aus jener Zeit sind allerdings keine erhalten. Hedi Zuber hat noch
mehrere
harte Spitalaufenthalte erlebt. Hach dem denkwürdigen Frauenfelder
Spitalaufenthalt allerdings hat der Zeichenstift viele Jahre lang
geschlummert,
weil Arbeit und der Kampf um den Lebensunterhalt den Tagesablauf
beherrschten.
[quelle:
Simone
Schaufelberger-Breguet]
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